Beizensprint 09 zum Zweiten

Plötzlich steht Romeo vor Thomas und mir. Ich ahne es – kaum ist Romeo wach, möchte er nochmals eine Tour in Angriff nehmen. Der Entschluss eilt, denn von Westen scheint Nebel zu uns vorzurücken. Wir möchten Richtung Westen gehen, um den Talkessel zu umrunden und anschliessend von der anderen Seite her ins Tal zu gelangen. Wir packen schnell alle unseren sieben Sachen zusammen. Nun, gerade dabei machen wir unseren ersten grossen Fehler. Doch dazu später. Mit der Seilbahn lassen wir unsere Rucksäcke ins Tal transportieren, während wir nur eine kleine, leichte Packung mitnehmen. Zunächst wandern wir Richtung Hinterselun, der im Westen liegt. Eine kleine bewusste Abweichung vom Weg führt uns zu einer interessanten Stelle. Vor unseren Füssen öffnet sich der Boden! Wir befinden uns gerade am Rande einer eindrücklichen Doline. Weiter geht es über Stock und Stein. Plötzlich fallen wir beinahe über den Kartenrand aus! Kaum vorzustellen, wenn wir auf dem Tisch vom lieben Gott landen und dann hilflos herum tappsen würden. Vielleicht würde der liebe Gott uns dann wieder auf die Erde hocheben. Doch was wäre, wenn er uns mitten im Amazonas absetzen würde? Ein böser Alptraum! Doch zum Glück haben wir einen Rettungsanker dabei – Thomas weist uns mit dem GPS sicher den Weg, so dass wir die Gefahr, welche vom Kartenrand ausgeht, sicher umgehen können.  

Schon bald gelangen wir bei der Ochsenhütte an. Dort erkundigen wir uns nach dem weiteren Weg. Die Wirtin sagt uns, dass man in etwa vier Stunden die Tour über den Flügenspitz nach Starkenbach im Tal absolvieren kann. Nun, der Nebel und Wolken drücken erneut die Berge hoch. Wir befürchten, dass wir bald nur noch im Nebel sitzen werden. Daher überreden wir Thomas, hier nicht einzukehren und weiter Richtung Flügenspitz zu wandern. Eine Entscheidung, die uns Thomas noch den ganzen Weg vorhalten wird. Denn wir haben keine Lebensmittel dabei – die haben wir mit dem Seilbähnli ins Tal transportieren lassen – und auch unser Wasservorrat hält sich mit nur einem halben Liter für uns drei arg in Grenzen. Der Weg führt uns über eine schöne alpine Landschaft weiter. Ein Schrattenfeld wechselt sich mit den anderen Gesteinsformationen ab. Unterwegs treffen wir zwei Jäger an. Weidmannsheil! Sie tragen eine Steingeiss zu Tale. Nun müssen wir nur noch zum Tritt hochkraxeln und dann ist es nicht mehr weit.

Kurz vor dem Flügenspitz legen wir einen kurzen Rast ein. Romeo klopft uns entschuldigend auf die Schultern – es ist drei Uhr und wir sind noch nicht auf dem Flügenspitz. Nur gerade fünf Minuten brauchen wir noch, bis wir schliesslich oben auf dem kleinen Gipfel ankommen. Zeit für eine Pause. Wir teilen uns das wenige Wasser. Die Nebelwolken haben sich mittlerweile wieder etwas gelockert und die Sonne scheint uns auf den Nacken. Über eine Moorlandschaft geht es weiter. Ab und zu schauen wir, ob sich Pilze zwischen den Bäumen verstecken. Doch unser Erfolg hält sich in Grenzen. Immerhin finden wir die schönsten Büsche mit Heidelbeeren. Wenn man vom vielen Wandern etwas an Zuckermangel leidet, schmecken diese kleinen Früchtchen einfach herrlich! Doch Halt! Hier sind doch tatsächlich auch einige Eierschwämme. Weil wir keinen Papiersack oder sonst eine geeignete Transportmöglichkeit haben, lassen wir diese gelben Leckerbissen trotzdem lieber hier zurück. Schliesslich sind wir am Arsch! Solch eine Anstrengung und dann das. Wer's nicht glaubt, siehe 734'941/226'745 …

Es ist nun nicht mehr weit bis zur Talstation des Seilbähnlis. Nach einer Wanderung von etwa drei Stunden treffen wir hungrig und leicht erschöpft, aber sehr zufrieden im Tal ein. Was für ein Beizensprint – noch keine einzige Beiz habe wir unterwegs besucht! Darum machen wir uns eiligst zu einem gemütlichen Restaurant in Hemberg auf, wo wir in den letzten Sonnenstrahlen ein feines Nachtessen geniessen.

rolf suter

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